Münster möchte attraktiv bleiben, ohne exklusiv zu werden. Gründe und Lösungsmöglichkeiten für die aktuellen Wohnungsmarktentwicklungen liegen nicht nur in der Stadt selbst. Zeit für einen weiteren Blick.
„Das Thema Wohnen wird in Münster – wie in allen wachsenden Städten Deutschlands – von Knappheit beherrscht. Daraus ergeben sich nicht nur unmittelbar Probleme für Grundstücks- und Wohnungssuchende. Es entstehen auch mittelbare Probleme – z.B. für Arbeitgeber/innen, deren Beschäftigte keine Wohnungen in der Stadt finden oder ins Umland ausweichen müssen. Das wiederum führt zur Zunahme von z.B. Pendlerverkehren, die auch vor dem Hintergrund ehrgeiziger Klimaziele kontraproduktiv wirken“ (ISEK 2030, Baustein C).
Damit zeigen sich die breite Motivation, das Thema anzugehen und nur einige wenige der Wechselwirkungen, die für eine fachübergreifende, integrierte Diskussion des Leitthemas sprechen. Das Interesse für das Stadtforum am 04. Juli 2019 in der LBS an der Himmelreichallee war dementsprechend hoch.
Eine Frage, die bei den Teilnehmenden immer mitschwang: „Sind Boden und Wohnungen nicht auch Gemeingut? Also anders als andere Güter eine Art Grundversorgung, die hier und da durchaus reguliert gehört?“ Jedenfalls hat Münster mit dem Grundsatz der sozialen Bodennutzung Gestaltungsspielraum, den es freilich auch zu nutzen gelte. In Münster fehlt insbesondere bezahlbarer und barrierefreier Wohnraum. Und den EINEN Weg zur Lösung gibt es offenbar auch andernorts nicht. Stattdessen viele Stellschrauben, zum Beispiel:
• Wohnbaulandmonitoring
• Umzugsmanagement
• Stärkung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften
• Vorkaufsrechte
• Erhaltungssatzungen
• Modernisierungsgebote
Den gewählten Methoden-Mix müsse die Stadt aber konsequent und langfristig bedienen.
Neue Wohnformen
Mit den Lebensstilen wandeln sich die Wohnformen. So wird häufig Wohnen in Gemeinschaften zu einer erwünschten Option. Getragen würde eine solche Gemeinschaft von einer Genossenschaft oder Baugruppe, die sich dann unter Umständen schwer tut, tatsächlich ein geeignetes Grundstück zu finden. Hier wäre dann die Unterstützung der Kommune gefragt, etwa durch Konzeptvergabe kommunaler Grundstücke.
Konzeptvergabe
Die Vergabe von kommunalen Grundstücken im Erbbaurecht sei dem Verkauf vorzuziehen. Dem Erbbaunehmer und der Erbbaunehmerin sichere das eine beruhigend langfristige Wohnperspektive zu berechenbaren Kosten, die Kommune bewahre sich nachhaltige Steuerungsmöglichkeit. Letztere wäre bereits bei einer Konzeptvergabe kommunaler Grundstücke denkbar; so könnten beispielsweise Trägerinnen und Träger präferiert werden, die eine dauerhafte soziale Widmung mit ihrer Erbbaunahme verbinden
Durch Nachverdichtung muss es nicht eng werden. Im Gegenteil: wer aufstockt, schafft zusätzlichen Wohnraum; meistens sogar recht wirtschaftlich; inklusive Barrierefreiheit durch Rampen oder Aufzüge.
Kontinuität im Quartier
Mit dem Wachstum Münsters wuchs die Attraktivität des Hansaviertels. Gerade viele junge Menschen zog es in das Quartier zwischen Innenstadt und Hafen, um urban und zentral zu wohnen. Aber nicht nur sie, auch die bereits Etablierten – junge Familien, Ältere – konnten beobachten, wie in den letzten Jahren diese Entwicklung zu höheren Mieten und Druck auf den Wohnungsmarkt führte. Bewohnerinnen und Bewohner, die schon lange hier lebten, sozial integriert und verwurzelt, fühlten sich überfordert und fanden kaum erschwingliche Alternativen im Viertel.
Um die Bevölkerung im Hansaviertel vor diesen strukturellen Veränderungen zu schützen, beschloss der Rat eine Soziale Erhaltungssatzung, ein Instrument, das – gut begründet – in klar definierten Bereichen angewandt werden kann.
Wohnprojekt ‚Grüner Weiler‘ im Oxford-Quartier
Münster hat eine lebendige Szene selbstorganisierter Wohnprojekte. Knackpunkt ist aber oft der Grundstückserwerb, denn solche Baugemeinschaften basieren zumeist auf genossenschaftlicher Finanzierung und benötigen Zeit, um ihr Wohnmodell am Standort gemeinsam zu entwickeln. Da sind andere Investoren und Investorinnen oft schneller – und legen los.
Umso erfreulicher, dass der ‚Grüne Weiler‘ sich als großes gemeinschaftliches Wohnprojekt hat verwirklichen können, auch dank städtischer Konzeptvergabe. Hier in Gievenbeck im Oxford-Quartier fand das Projekt seinen Wunschstandort.
Das Oxford-Quartier, der ehemalige Standort der britischen Truppen, bietet eine äußerst reizvolle Umgebung und viel Platz für nachhaltiges Wohnen in alten und neuen Mauern. Hier, genauso wie im Stadtteil Gremmendorf, dem zweiten ehemaligen Truppenstandort, wurde unter Beteiligung vieler Bewohnerinnen und Bewohner eine groß angelegte Planung im Dialog aufgelegt, deren Ergebnisse die Umsetzung prägen.
Die Vor- und Nachbereitung des Stadtforums und die Ausarbeitung der Diskussionsimpulse zum Leitthema sind in das Integrierte Stadtentwicklungskonzept Münster 2030 eingeflossen. Prozessdokumentation und -ergebnisse finden sich hier: